Interview mit Dipl.-Wirtschaftsing. (FH) Daniela Schlüsselberger

Grenzen in dir selbst überwinden...!

Immer wieder „out of the box“ zu denken und zu agieren, das rät Dipl-Wirtschaftsing. (FH) Daniela Schlüsselberger jungen Mädchen, die sich über ihre Ausbildungswünsche noch nicht ganz im Klaren sind – sie selbst hat mit ihrem Bildungsweg gängige Rollenmuster nicht nur einmal durchbrochen. Und gut hat sie daran getan!
Im folgenden Interview verrät uns die Technikerin, wie sie von der Wirtschaftsschule zur Elektroinstallateur-Lehre gewechselt und sich als einziger weiblicher Lehrling in einem technischen Umfeld behauptet hat. Mit Neugier, Begeisterung und Zielstrebigkeit meisterte sie die HTL-Matura für Berufstätige und den Abschluss des berufsbegleitenden Studiums „Wirtschaftsingenieurwesen“. Und jetzt? Daniela Schlüsselberger ist glückliche Mutter einer dreijährigen Tochter und bringt Familie und Karriere jeden Tag aufs Neue perfekt unter einen Hut.

femOVEaktuell: Frau Dipl.-Wirtschaftsing. Daniela Schlüsselberger, Sie haben nach einem Jahr an einer Höheren Bundeslehranstalt für Wirtschaftliche Berufe (HLW) eine Lehre als Elektroinstallateurin bei der VA TECH ELIN EBG GmbH begonnen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Dipl.-Wirtschaftsing. (FH) Daniela Schlüsselberger: Mein erster Ausbildungsplan sah vor, zu maturieren und anschließend Rechtswissenschaften zu studieren. Somit war es für mich naheliegend, die HLW zu besuchen. Die damaligen Ausbildungsschwerpunkte der HLW  waren Kreatives Nähen, Sprachen, Stenografie bzw. Office für Bürokaufleute und Kochen. Relativ rasch – genauer gesagt schon nach dem ersten Schultag – war mir klar, dass dieser Weg nicht der richtige für mich ist. Zwar interessierte ich mich für den Herd, allerdings mehr für dessen elektrischen Anschluss als für die Gerichte, die man zubereiten könnte.

femOVEaktuell: Waren Sie während Ihrer Ausbildung der einzige weibliche Elektroinstallateur-Lehrling?

Schlüsselberger: Nicht nur, dass ich der einzige weibliche Lehrling in meinem Jahrgang war, ich war sogar der erste weibliche Lehrling in einem technischen Beruf bei der VA TECH ELIN EBG GmbH überhaupt. Das brachte natürlich viele „spannende“ Momente mit sich. Grundsätzlich brachte man mir Skepsis und Verunsicherung entgegen. Wie darf, kann, muss „Mann“ mit mir reden?, Ist ein Schulterklopfer in Ordnung?, und: Darf man mir schwere Arbeiten geben, ohne dass ich gleich weine? Ich habe wohl sämtliche Klischees mindestens einmal widerlegen müssen. Zu meiner Verwunderung hat sich 18 Jahre nach meiner Lehrzeit nicht viel daran geändert.

femOVEaktuell: Nach Ihrem Lehrabschluss blieben Sie als Elektromonteurin im Unternehmen und übernahmen auch die stellvertretende Leitung der Verteilerproduktion. Gibt es eine Begebenheit aus dieser Zeit, an die Sie sich heute noch besonders gerne zurückerinnern?

Schlüsselberger: Es gibt unzählige Momente in meiner Erinnerung! Es gab gute sowie schwierigere Phasen, die mich aber immer motiviert haben, noch besser zu werden.
Besonders prägend war jedoch ein Telefonat mit einem Kollegen: Von ihm habe ich als Lehrling viel gelernt, bei ihm musste ich mich auch ständig beweisen. Als er eines Tages mich anrief, weil er technischen Rat brauchte und nicht mehr wusste, wie er zu einer Lösung kommt, habe ich für mich gedacht, dass ich jetzt wohl endgültig technisch akzeptiert werde.

femOVEaktuell: Ab 2005 besuchten Sie berufsbegleitend die HTL für Berufstätige mit Schwerpunkt Energietechnik. Was bewog Sie dazu, zusätzlich zum bestimmt harten Arbeitsalltag, abends und am Wochenende wieder die Schulbank zu drücken, für Prüfungen zu lernen, Hausarbeiten zu erledigen etc.?

Schlüsselberger: Neugier, die Lust am Lernen und die Überzeugung, dass Stillstand für mich persönlich einem Rückschritt gleich zu setzen ist… Zusätzlich war mir vom ersten Tag an klar, dass ich zwar gern Elektroinstallateurin bin, aber nicht als solche in Pension gehen will.

femOVEaktuell: Nun ist es ja nicht einfach, „neben der Arbeit“ auch noch zur Schule zu gehen. Was waren für Sie in dieser Zeit die größten Entbehrungen?

Schlüsselberger: Am meisten ist mir der Schlaf abgegangen! Mein Arbeitstag war unter anderem durch viele Dienstreisen gekennzeichnet. Somit kamen täglich auch noch einige Stunden im Auto hinzu. Geholfen hat es auf jeden Fall, dass ich meinen Job sowie auch die Weiterbildung mit voller Leidenschaft gemacht habe. Da fällt einem vieles leichter.

femOVEaktuell: In Ihre HTL-Laufbahn fiel auch der erste Jobwechsel – von der VA TECH ELIN EB GmbH zur Siemens AG, wo Sie nunmehr als Schutz- und Inbetriebsetzungstechnikerin arbeiteten. Konnten Sie hier bereits Ihr frisch an der HTL erworbenes Fachwissen einsetzen oder bildete das während der Lehrzeit erworbene Wissen die Basis?

Schlüsselberger: Es war ein Konglomerat aus beidem. Das erworbene Wissen von der Basis, egal ob in der Lehrzeit oder auch als Monteurin, stellte sich als unbezahlbar heraus. Mein Devise war immer: „Alles, was ich selbst errichtet habe, kann ich auch selbst in Betrieb setzen!“. Den technischen Hintergrund habe ich dann teils in der HTL erfahren, großteils war das Wissen jedoch selbst angeeignet bzw. hatte ich die Möglichkeit, viel von einem Kollegen zu lernen.

femOVEaktuell: Mit dem HTL-Abschluss erfolgte ein nochmaliger Firmenwechsel von der Siemens AG zur VERBUND Hydro Power GesmbH. Auch Ihren Bildungsweg setzten Sie weiter fort, indem Sie berufsbegleitend Wirtschaftsingenieurwesen studierten. Wo haben Sie während dieser Zeit all Ihre Energie hergenommen?

Schlüsselberger: Paul Gaugin hat es recht treffend formuliert. „Die große Herausforderung des Lebens liegt darin, die Grenzen in dir selbst zu überwinden und so weit zu gehen, wie du dir niemals hättest träumen lassen.“ Nach diesem Credo gestaltet sich mein gesamter beruflicher Werdegang. Ich brauche einfach immer neue Herausforderungen. Mein Tag kann gar nicht voll genug sein, auch wenn wieder mal der Schlaf ein wenig zu kurz kommt. Außerdem habe ich auch das Glück, meine Leidenschaft zum Beruf gemacht zu haben. Zusätzliche Energie tanke ich dann beim Sport und mit meiner Familie.

femOVEaktuell: Seit 2009 arbeiten Sie nun als Technische Sachbearbeiterin bei derVERBUND Hydro Power GesmbH. Mit welchen Aufgaben sind Sie hier hauptsächlich betraut?

Schlüsselberger: Meine Hauptaufgabe liegt darin, elektrische Schutzanlagen in den Wasserkraftwerken der Verbund Hydro Power GesmbH zu betreuen. Das beinhaltet die Ausschreibung, Durchführung und Inbetriebsetzung von Neuanlagen, die Wartung und Überprüfung von Bestandsanlagen sowie die Störungsbehebung. Ebenso betreue ich die Erregersysteme der Wasserkraftwerke.

femOVEaktuell: Wenn Sie auf Ihren Bildungsweg zurückblicken: würden Sie aus heutiger Sicht etwas daran ändern?

Schlüsselberger: Nein, denn jede Entscheidung die ich getroffen habe, hat mich dorthin gebracht, wo ich heute bin. Nach wie vor halte ich die Kombination aus Lehre und berufsbegleitender Weiterbildung für eine gute Ausbildungsvariante.

femOVEaktuell: Sie haben eine kleine Tochter im Kindergartenalter – wie gestaltet sich Ihr Alltag als Mutter und berufstätige Elektrotechnikerin?

Schlüsselberger: Spannend und herausfordernd. Immer wieder kann ich nur schwer abschätzen, wann mein Tag endet. Somit sind die fixen Betreuungszeiten des Kindergartens manchmal recht unpraktisch. Funktionieren kann das Ganze nur, weil ich das Glück habe, einen flexiblen Arbeitgeber, noch flexiblere Eltern und vor allem einen Partner zu haben, der außerhalb von sämtlichen Rollenklischees denkt und mich voll und ganz unterstützt.
Meine Tochter ist zusätzlich ein ziemlich entspanntes Kind. Sie freut sich immer wieder, wenn „Mama ein Kraftwerk repariert hat“, denn dann ist sie ja gleich toll wie ihr Lieblingsheld „Bob der Baumeister“.

femOVEaktuell: Haben Sie zum Abschluss noch eine Empfehlung für junge, technikaffine Mädchen, die noch nicht recht wissen, welchen Weg sie einschlagen sollen?

Schlüsselberger: „Traut euch, das zu machen, worauf ihr Lust habt!“ Die Entscheidung, einen technischen Beruf zu wählen hat mir viele Vorteile gebracht. Techniker sind am Arbeitsmarkt nach wie vor gefragt. Mein Alltag ist so abwechslungsreich, dass man ihn kaum „Alltag“ nennen kann und bietet eine finanzielle Unabhängigkeit, wie sie mit einem klassischen „Frauenberuf“ nur schwer möglich wäre. Die Liste könnte ich beliebig fortsetzen. Somit kann ich nur jedem Mädchen raten, „out of the box“ zu denken und sich nicht von veralteten Rollenklischees abschrecken zu lassen!

femOVEaktuell: Vielen Dank für das Gespräch, das einmal mehr unterstreicht, wie wichtig es ist, sich nicht in gewisse Rollenbilder drängen zu lassen, sondern seinen Weg unbeirrt zu gehen.