Interview mit Dipl.-Ing. Angelika Straka

Der Hochspannungstechnik verschrieben

Dipl.-Ing. Angelika Straka ist seit September 2013 als Hochspannungsprüfingenieurin bei ABB Schweiz in Zürich tätig. Ihr Bildungsweg führte die gebürtige Kärntnerin nach der Volksschule ins Realgymnasium und von dort weiter in die HTL mit Schwerpunkt „Regelungstechnik“. Nach der Matura folgte das Studium der Elektrotechnik an der TU Graz. Im Rahmen ihrer Masterarbeit spezialisierte sich Dipl.-Ing. Straka auf die Energie- bzw. Hochspannungstechnik. Erste berufliche Erfahrungen in einem technischen Umfeld konnte sie während zahlreicher einschlägiger Sommerjobs im Bereich der Elektro- und Automatisierungstechnik sowie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Projektmitarbeiterin am Institut für Hochspannungstechnik und Systemmanagement an der TU Graz sammeln.

femOVE aktuell: Frau Dipl.-Ing. Straka, wenn man sich Ihren Lebenslauf ansieht, erkennt man, dass sich Ihr Interesse für Naturwissenschaft und Technik wie ein roter Faden durch Ihren bisherigen, sehr zielstrebigen Weg zieht. Wurde Ihnen Ihr Interesse für Naturwissenschaften und Technik in die Wiege gelegt bzw. wuchsen Sie in einem sehr technik-affinen Umfeld auf?

Dipl.-Ing. Angelika Straka: „In die Wiege gelegt“ würde ich jetzt nicht direkt sagen, jedoch hat mein Vater als Maschinenschlosser in mir sicher ein gewisses Interesse für die Technik geweckt. Für die Zukunft war mir immer ein sicherer Beruf wichtig, wenn möglich, gleich nach Beendigung der schulischen Laufbahn. Gleichzeitig wollte ich mir aber auch die Möglichkeit eines Studiums offenhalten. Also habe ich mich sehr genau informiert, welche Schulen und welche beruflichen Möglichkeiten es gibt und bin auf die HTL und – aufgrund meiner Interessen – auf die technische Laufbahn gekommen. 

 

femOVE aktuell: Wie fühlte sich für Sie der Sprung vom Realgymnasium in die HTL an?

Straka: Zu Beginn war ich etwas verunsichert, da einzelne Leute meinten, dass die HTL sehr schwer zu schaffen und doch eher eine Schule für Jungs ist. Es stellte sich aber schon bald heraus, dass alles halb so schlimm ist und mit ein bisschen Interesse auch überhaupt nicht schwer. In meiner Klasse waren zu Beginn noch drei weitere Mädchen, was auch angenehm war.

 

femOVE aktuell: Nach der  HTL folgte das Studium der Elektrotechnik in Graz, wonach Sie relativ bald mit Sack und Pack in die Schweiz übersiedelten, um als Hochspannungsprüfingenieurin bei ABB in Zürich zu starten. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Straka: Da spielte auch der Zufall ein wenig mit. Ich hatte gerade mein Studium beendet, war noch am Institut für Hochspannungstechnik beschäftigt und überlegte mir, wie es weitergehen soll. Sollte ich eine Dissertation angehen oder doch in die Wirtschaft wechseln? Da wurde eines Tages ein Anruf an mich weitergeleitet mit einem Jobangebot als Hochspannungsprüfingenieurin. Ich wurde gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte, in die Schweiz zu gehen und dachte mir „Was mache ich in der Schweiz???“, aber aus irgendeinem Grund habe ich doch „Ja“ gesagt. Und so ist dann alles ins Rollen gekommen.

 

femOVE aktuell: Was sind nun die Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit als Hochspannungsprüfingenieurin?

Straka: Im Grunde genommen erstrecken sich diese über drei größere Themenbereiche: Der erste ist die technische Leitung von drei Hochspannungslaboren. Dies beinhaltet die Sicherstellung der normgerechten Funktionsweise der Prüfeinrichtungen und Messgeräte in einem 24-Stunden-Betrieb sowie die zukünftige Ausrichtung der Prüflabore, das heißt Verbesserungen, Ausbau und auch Neubau von Prüflaboren. Zudem bin ich in Projekte zur Leistungs- und Effizienzsteigerung der Produktion involviert. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Beurteilung und Diagnose von Hochspannungsdurchführungen sowie der Entscheid über deren Einsatzfähigkeit. Und zu meinen technischen Aufgaben gehören die Planung und Betreuung von Spezialprüfungen und Typenprüfungen für interne und externe Kunden sowie „Factory Acceptance Tests“.

 

femOVE aktuell: Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

Straka:Mein typischer Arbeitstag beginnt um 7:30 Uhr mit der Begrüßung der Mitarbeiter im Hochspannungslabor. Zugleich bekomme ich ein Update über die Vorkommnisse in der Spät- und Nachtschicht, dazu gehören zum Beispiel Abklärungen von Prüflingen und technische Defekte. Danach checke ich bei einer Tasse Kaffee meine E-Mails und beginne mit den Rückmeldungen bzw. Abklärungen. Im Laufe des Vormittags folgt ein Gespräch mit meinen Vorgesetzen, in dem aktuelle Themen und Prioritäten für den Tag bzw. die Woche genauer erläutert werden. Danach arbeite ich in der Regel an einem meiner Projekte, beispielsweise zur Verbesserung des technischen Equipments. Zwischen 11:30 Uhr und 12:30 Uhr gehe ich meistens in die Mittagspause, danach bereite ich Kundenabnahmen mit Typenprüfungen vor. Am Nachmittag geht es zu einem Meeting mit dem Verkauf, um Auftragsabwicklungen oder Entwicklungen zu besprechen. Außerdem stehen am Nachmittag technische Abklärungen im Prüflabor bzw. die Durchführung spezieller Messungen auf dem Programm. Ab ca. 16:00 Uhr habe ich dann Zeit, meine E-Mails zu beantworten und weiter an Projekten zu arbeiten. Das Arbeitsende gestaltet sich je nach Arbeitslage und Dringlichkeit der Aufgaben variabel.

 

femOVE aktuell: Welche Erfahrungen konnten Sie als „Frau in der Technik“ bisher machen?

Straka: Meine bisherigen Erfahrungen als „Frau in der Technik“ sind durchwegs positiv. So wurde ich in all meinen Tätigkeiten bisher von meinen Kollegen und Vorgesetzen als Mitarbeiterin sehr gut akzeptiert und für meine Leistungen geschätzt. Diesbezüglich sehe ich auch keine Unterschiede zwischen Österreich und der Schweiz. Hier in der Schweiz wird generell sehr auf die Leistung des einzelnen Mitarbeiters eingegangen, weshalb die Frage nach Herkunft und Geschlecht eine untergeordnete Rolle spielt.

 

femOVE aktuell: Welche Rolle spielen für Sie Netzwerke generell und Frauennetzwerke im Speziellen?

Straka: Netzwerke spielen für mich eine große Rolle. Gerade in der „kleinen Welt“ der Hochspannungstechnik trifft man seine Kollegen vom Studium oder von früheren Jobs oft wieder und lernt auch schnell den einen oder anderen Experten aus der Branche kennen. An unserem ABB-Standort haben wir ein kleines Frauennetzwerk aufgebaut, alle ein bis zwei Monate gehen wir mit einigen Kolleginnen gemeinsam Abendessen und tauschen unsere Erfahrungen aus. Ich finde diese Abende sehr wichtig und freue mich auch immer, Kolleginnen abseits der Arbeit zu treffen, um in privater Atmosphäre – nicht nur, aber durchaus auch – über Fachliches zu plaudern.

femOVE aktuell: Sie stehen noch relativ am Anfang Ihrer beruflichen Karriere als Technikerin – gibt es Wünsche, Zielvorstellungen, …?

Straka: Vorerst möchte ich das in der Theorie Gelernte umsetzten können und Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln. Auch für die weitere Zukunft strebe ich eine Mischung von Fach- und Führungskarriere an.

 

femOVE aktuell: Wie finden Sie Ausgleich zu Ihrem beruflichen Alltag?

Straka: Im Rückhalt, den mir meine Familie und Freunde geben – auch wenn die örtliche Distanz etwas größer ist…Außerdem bilden gemeinsame Ausflüge und Wanderungen mit meinem Partner sowie Sport generell einen willkommenen Ausgleich.